Ornithologisches Gutachten veröffentlicht

© Florian Straub
© Florian Straub

Der NABU Tübingen hat Bioplan aus Tübingen beauftragt, ein ornithologisches Gutachten für den Rammert zu erstellen. Jetzt nun endlich ist dieses fertig. Und die Ergebnisse können sich sehen lassen. Der Rammert bei Tübingen und seine umliegenden (Streuobst)Wiesen sind ein kleines Paradies, zumindest für die Greifvogelarten Rotmilan und Schwarzmilan, aber auch für den Wespenbussard.

 

Gegenstand des Auftrages war zunächst die Erfassung der Brutvorkommen windkraftsensibler Greifvogelarten im Zeitraum März bis August 2021. Die Kartierungsarbeiten beinhalteten die Ermittlung von Revierzentren des Rotmilans innerhalb der geplanten Vorrangzone und deren 3.300m-Umfeld. Hinzu kam die Erfassung der Brutvorkommen von Schwarzmilan, Baumfalke und Wespenbussard (Vorrangzone und 1.000m-Umfeld).

 

Die ornithologischen Untersuchungen wurden durch eine umfassende Datenrecherche ergänzt (z.B. Landesanstalt für Umwelt Baden-Württembeg (LUBW), Arbeitsgruppe Schwarzstorch der Ornithologischen Gesellschaft Baden-Württemberg (OGBW), Arbeitsgruppe Wanderfalkenschutz (AGW), ortsansässige Ornithologen, Forstverwaltung).

 

Die Ergebnisse zeigen, dass das Vorhaben der Errichtung von Windenergieanlagen (WEA) im Rammert mit erheblichen artenschutzfachlichen Risiken verbunden ist. Hervorzuheben ist an erster Stelle der Rotmilan, welcher das ca. 86 km2 große Untersuchungsgebiet in sehr hoher Dichte besiedelt. Insgesamt konnten 18 Brutreviere ermittelt werden. Hinzu kommen drei „Verdachtsreviere“, d.h. Bereiche, in denen einmalig revieranzeigendes Verhalten registriert wurde.

 

Aufgrund der räumlichen Anordnung der Revierzentren erfüllt die komplette WEA-Vorrangzone die Kriterien für eine Einstufung als Dichtezentrums des Rotmilans. Entsprechend den neuesten „LUBW-Hinweisen“ (LUBW, 2021) kommt hier eine naturschutzrechtliche Ausnahme vom Tötungsverbot im Sinne des § 44 BNatschG Abs. 5 nicht in Betracht. Folgt man der 1500m-Abstandsempfehlung der Vogelschutzwarten (LAG VSW, 2016), ist die komplette WEA-Vorrangzone wegen der Brutvorkommen des Rotmilans als Ausschlussgebiet für Windenergieanlagen einzustufen.

 

Was den Schwarzmilan betrifft, liegen vier Revierzentren innerhalb oder nur knapp außerhalb des von den Vogelschutzwarten empfohlenen 1.000m Mindestabstandes. Auch hier ist deshalb zumindest in Teilbereichen ein erhöhtes Tötungsrisiko durch den Betrieb von Windenergieanlagen nicht auszuschließen. Zu beachten ist auch, dass v.a. der südliche Teil des Untersuchungsgebiets von Schwarzmilanen in hoher Dichte besiedelt wird. Bei Mahd- und Bewirtschaftungsereignissen im Neckartal ist deshalb mit einer größeren Anzahl von Überflügen der Vorrangzone zu rechnen.

 

Der in Baden-Württemberg insgesamt noch sehr seltene Schwarzstorch brütet seit ca. fünf Jahren im Vogelschutzgebiet „Mittlerer Rammert“. Der Brutplatz liegt ca. 1.500m westlich der geplanten WEA-Vorrangzone. Aufgrund der hohen Mobilität des Schwarzstorches ist zu erwarten, dass er die innerhalb der geplanten WEA-Vorrangzone gelegenen Fließ- und Stillgewässer regelmäßig zum Nahrungserwerb aufsucht.

 

Abschließend sei auf die räumliche Nähe der geplanten WEA-Vorrangzone zum Vogelschutzgebiet „Mittlerer Rammert“ hingewiesen. Relevant für das WEA-Vorhaben ist der Aspekt, dass für Rotmilan, Schwarzmilan, Wespenbussard und Baumfalke im Rahmen einer Natura2000-Verträglichkeitsstudie nachzuweisen wäre, dass die einschlägigen, im Natura2000-Managementplan formulierten, Erhaltungsziele nicht erheblich beeinträchtigt werden.

 

Zusammenfassend folgt der NABU Tübingen damit der Empfehlung der Gutachter, im Hinblick auf die hohen artenschutzfachlichen Risiken, die Planungen zur Ausweisung einer WEA-Vorrangzone im Waldgebiet Rammert nicht weiterzuverfolgen.

 


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Ornithologisches Gutachten für den Rammert
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